Folie 48 von 48
Notizen:
(48) Ich habe Ihnen einen diskursanalytischen Versuch präsentiert,
der eine vorläufige Antwort versucht auf die Frage, wie die Programmiersprachen
des Computers entstanden sind. Die Programmiersprachen entstehen in einer
langsamen, umwenigen, fast zehn Jahre währenden Formations- und Formalisierunggeschichte
von Diskursen, die ausschließlich geprägt sind von den Beschreibungen
funktionslogischer Elemente der Röhrenschaltungen. Kurz, Software
entsteht aus Hardware, und nicht umgekehrt. Dabei ist alles, bis eine Software
namens FORTRAN entsteht, frei, öffentlich zugänglich, wissenschaftliches
Allgemeingut, eine spezielle, aber für jederman zugängliche Fachliteratur.
Auch für den abgebrochenen Mathematik-Studenten John Backus, mit seinen
29 Jahren bei IBM nun ein Star, war das so.
Erst jetzt, mit FORTRAN, ist der Weg frei, den Computer als Medium,
und damit eine abstrakte Maschine logisch anzuschreiben. Aber FORTRAN kostet
Geld. IBM verkauft das Manual von Anfang an teuer. Die Sprache kostet und
die ihr geschriebenen Programme kosten noch mehr. Ihre Compiler aber bleiben
fehlerhaft und der Standard der Sprache verführt überdies zu
schlimmer Fehlern.
Das hat John Backus, wie wir alle wissen, nicht gewollt. Er hat sich
Ende der 50er Jahre von FORTRAN abgewandt, und ist, nach dem erfolglosen
Versuch, eine strikt logische Programmiersprache, nämlich F, zu entwerfen,
aus der Computerwelt ausgestiegen. "I am the culprit", er fühlte sich
schuldig. Das letzte, was ich gehört habe, ist, daß er indische
Meditationen praktizierte und die spirituellen Bücher Krishnamurti's
studierte. Die Schuld von FORTRAN, die Schuld von Backus abzutragen, wenn
es denn eine gibt, wird nur gelingen, wenn die Software der Computerwelt,
die Betriebssysteme und die wichtigsten Applikationen, wieder "open sources"
werden, offene Quellen. Und damit genau zu dem, was sie waren, als es noch
keine Software gab.