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Informationsfreiheit: Tiefer Blick in den Aktenschrank

Birthe Köster
Referentin für Grundsatzfragen des Informationszuganges beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein

Guten Tag meine Damen und Herren,
Ich bin gebeten worden, über die Erfahrungen mit dem schleswig-holsteinischen Informationsfreiheitsgesetz zu berichten. Ich möchte mich eingangs kurz vorstellen: mein Name ist Birthe Köster. Ich bin Referentin für Grundsatzfragen auf dem Gebiet der Informationsfreiheit beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein.

Sie werden sich jetzt sicherlich fragen, warum ausgerechnet das ULD - wie auch die Datenschutzbeauftragten Berlins und Brandenburgs - also Institutionen, die die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben im öffentlichen und oftmals zugleich im privaten Bereich überwachen - ebenfalls für die Einhaltung der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze zuständig sind. So gegensätzlich die Zielsetzungen der Informationsfreiheit und des Datenschutzes auf den ersten Blick erscheinen mögen, so eng sind sie doch miteinander verknüpft und voneinander abhängig. Denn Informationsfreiheit und Datenschutz entspringen beide dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dahinter steht der Gedanke, dass derjenige, dem die Entscheidungsfreiheit darüber obliegt, ob und wem gegenüber er seine persönlichen Daten offenbart, zugleich hinreichend informiert sein sollte, um seine Rechte in ausreichendem Maße wahrnehmen zu können. In unserer immer mehr zunehmenden Informationsgesellschaft kann nur derjenige sinnvoll von seinen Rechten Gebrauch machen und an der politischen Mitgestaltung mitwirken, der hinreichend informiert ist. Informationsfreiheit und Datenschutz sind wesentliche Elemente in einer freiheitlichen Demokratie: Sie können nur gemeinsam für eine faire Informationsverteilung zwischen Staat und Bürger sorgen. Wir alle müssen in die Lage versetzt werden, uns über relevante Vorgänge ausreichend informieren zu können. Dies ist jetzt mit den neuen Informationsfreiheitsgesetzen geschehen.

Worum geht es beim Informationsfreiheitsgesetz?Das Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein führt wie seine Vorgänger in Berlin und Brandenburg eine bislang nicht gekannte Aktenöffentlichkeit in die Verwaltung ein: Es hat hierfür einen vom Grundsatz her verfahrensunabhängigen und voraussetzungslosen Informationszugangsanspruch für alle Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung geschaffen. Damit bricht es mit einer langen Tradition des deutschen Rechts. Bisher hatten in der Regel nur die Beteiligten Anspruch auf Einsichtnahme in die Akten eines Gerichts- oder eines Verwaltungsverfahrens. Dies kann - um an dieser Stelle einmal Beispiele zu geben - dann der Fall sein, wenn ich ein Bauvorhaben plane und dafür Einsicht in die Baugenehmigungsakte nehmen möchte. Oder ich möchte Auskunft von der Sozialbehörde haben, welche Daten dort über meine Person gespeichert sind. Es war also stets erforderlich, den Grund zu nennen, warum Einsicht in die jeweilige Akte genommen werden soll. Mit dem In - Kraft - Treten des schleswig-holsteinischen Informationsfreiheitsgesetzes - wie auch der übrigen Informationsfreiheitsgesetze - muss nicht mehr das Akteneinsichtsgesuch begründet werden, sondern dessen Ablehnung. Damit wird die Ausnahme zur Regel, d. h. der Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit gilt nicht mehr - die Verwaltung soll transparent werden. Der Beitrag der Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung ihrer Gesellschaft soll sich künftig nicht mehr auf Wahlen beschränken. Vielmehr soll eine stärkere politische Partizipation erreicht werden.

Über diese Möglichkeit hinausgehend kann das Gesetz aber zusätzlich noch weitere positive Entwicklungen mit sich bringen:

In der Bevölkerung kann die Akzeptanz gegenüber behördlichen Entscheidungen gefördert werden, wenn die öffentliche Verwaltung transparenter wird.

Gerade bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wird eine gesteigerte Transparenz das Kostenbewusstsein fördern.

Was sich hier zu Lande noch als grundlegende Neuerung darstellt, ist in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern schon längst an der Tagesordnung. Zu nennen sind hier zum Beispiel die Vereinigten Staaten, Kanada und Schweden, wo bereits 1766 der erste allgemeine Akteneinsichtsanspruch eingeführt wurde. Weitere skandinavische Staaten folgten nach Beendigung des 2. Weltkrieges. Auch in Griechenland, Italien, Belgien, Irland, Österreich und in der Tschechischen Republik bestehen gesetzlich geregelte Akteneinsichtsrechte für Jedermann. In der Bundesrepublik haben - abgesehen von dem 1994 auf Bundesebene eingeführten Umweltinformationsgesetz für den Bereich der Umweltinformationen - erstmals die Bundesländer Brandenburg und Berlin 1998 bzw. 1999 ein allgemeines Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz geschaffen. Anfang 2000 folgte dann Schleswig-Holstein mit seinem Gesetz. In Brandenburg ist das Akteneinsichtsrecht sogar in der Landesverfassung verankert. Ein derartiger Vorstoß, der 1997 im Rahmen der Verfassungsreform von dem schleswig-holsteinischen Landesbeauftragten für den Datenschutz initiiert worden war, ging ins Leere.

Bevor ich im folgenden auf die Kernregelungen des hiesigen Informationsfreiheitsgesetzes und die bisher in der Praxis gemachten Erfahrungen eingehe, möchte ich kurz die Entstehungsgeschichte des Gesetzes schildern. Das Informationsfreiheitsgesetz wurde auf der letzten Plenarsitzung der 14. Wahlperiode gemeinsam mit dem Landesdatenschutzgesetz verabschiedet. Anders jedoch als für das Landesdatenschutzgesetz hatte der Landtag für das Informationsfreiheitsgesetz keinen Zeitplan. Dass es zu seiner Verabschiedung kam kann, um einmal unseren stellvertretenden Behördenleiter Thilo Weichert zu zitieren, als "Sternstunde des Parlamentarismus" bezeichnet werden. Ich hatte eben angesprochen, dass das Recht auf freien Zugang zu behördlichen Akten in den skandinavischen Staaten schon seit langem gesetzlich verankerter Standard ist. So verwundert es nicht, dass der betreffende Gesetzentwurf ausgerechnet vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) eingebracht wurde. Diese Partei vertritt die Interessen der sog. dänischen Minderheit im schleswig-holsteinischen Landtag.

Das Gesetzgebungsverfahren gestaltete sich damals folgendermaßen:

Nachdem im Frühjahr 1998 der SSW die Landesregierung aufgefordert hatte, binnen eines halben Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen und sich ein daraufhin vom Innenministerium vorgelegter Entwurf im Kabinett nicht durchzusetzen vermochte, brachte der SSW ein Jahr später einen eigenen Entwurf ein. Dieser Entwurf passierte dann die einzelnen Stadien des Gesetzgebungsverfahrens und wurde - mit wenigen Änderungen - am 26. Januar 2000 verabschiedet.

Vielleicht trug zu der sehr raschen Verabschiedung auch der Umstand bei, dass sich - trotz des CDU-Spendenskandals - die Möglichkeit abzeichnete, dass Rot-Grün nach den Landtagswahlen am 27. Februar auf die Stimmen des SSW für die Wahl der Ministerpräsidentin angewiesen sein könnte. Das Gesetz trat am 25. Februar 2000 in Kraft. Der schlanker gehaltene Gegenentwurf des Innenministeriums, den sich die CDU-Fraktion zu Eigen gemacht hatte, und der eine Integration der Bestimmungen in das LVwG vorsah, konnte sich nicht durchsetzen.

Für die Verwaltung, die das Gesetz umzusetzen hatte, kam das neue Gesetz quasi über Nacht. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Behörden verhältnismäßig schnell auf die neue Gesetzeslage einzustellen vermochten. Erste Anträge auf Informationszugang kamen unmittelbar nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes. Zu den ersten Antragstellern gehörte das sog. Menschenrechtsbüro der Scientology Kirche e. V., das beim Sektenbeauftragten des Landes Akteneinsicht begehrte. Die Aufgabe des Sektenbeauftragten ist es, die Betätigungen von Sekten oder sektenähnlichen Vereinigungen zu dokumentieren und darüber zu informieren, sobald der Verdacht besteht, dass von derartigen Aktivitäten Gefahren für Dritte ausgehen. Allein zum Thema Scientology wurden dort insgesamt 34 Ordner geführt. Positiv hervorzuheben ist, dass der Sektenbeauftragte sehr sachlich reagierte. Er werde Scientology "in die allgemein zugänglichen Unterlagen" blicken lassen, nicht aber in die, in denen es um Bürgeranfragen oder um Aussteiger geht. Scientology werde wie jeder andere Verein oder jeder Bürger behandelt: "Das Gesetz teilt nicht in Gut und Böse, Grüne oder Weiße".

Soweit der Sektenbeauftragte keine Akteneinsicht gewährt hatte, wurden diese Unterlagen aussortiert und in einen neuen Ordner "V" für vertraulich abgelegt. Hinsichtlich dieser Unterlagen wurde die Ablehnung des Zugangs im wesentlichen auf den Schutz der Beziehungen zu anderen Ländern und zum Bund, aber auch auf den Schutz vertraulicher Beratungsprotokolle sowie auf die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Eigenverantwortung der Landesregierung gestützt. Daneben sind in den Unterlagen auch personenbezogene Daten von Betroffenen enthalten, die ebenfalls ausgenommen wurden. Sie erkennen an dieser Stelle bereits, dass der Zugang zu behördlichen Entscheidungssammlungen nicht vollkommen schrankenlos gewährt wird. Der Zugang kann dann verwehrt oder lediglich eingeschränkt gewährt werden, wenn sogenannte öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Wegen dieser vorenthaltenen Informationen hat die Scientology Kirche e. V. uns, also das ULD, um Überprüfung gebeten. Sämtliche dieser sog. "V"-Ordner wurden daraufhin noch einmal durchgesehen mit dem Ergebnis, dass weitere Unterlagen vom Sektenbeauftragten zugänglich gemacht wurden. Im Kern ging es bei der Diskussion um die Frage, inwieweit eine Schädigung der Beziehung zu anderen Ländern oder zum Bund zu befürchten ist, wenn Dokumente offenbart werden, die der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin oder einer anderen Regierungsstelle im Rahmen länderübergreifender Zusammenarbeit aus anderen Ländern zu Informationszwecken zugesandt worden sind. Hier ist zu bedenken, dass die Offenbarung solcher Informationen schon dann zu einer Schädigung der Beziehung führen kann, wenn sie gegen den Willen der betroffenen Stellen erfolgt. Der Vertrauensschutz für die jeweiligen Stellen des Bundes und der Länder muss deshalb prinzipiell beachtet werden. Wenn dies glaubhaft gemacht werden konnte, haben wir die Zugangsverweigerung akzeptiert.

Inzwischen haben die Scientologen auch Einblick in die Unterlagen genommen, die nach unserer Einschätzung zusätzlich zugänglich zu machen waren.

Hier zeigt sich, wie wertvoll die Einschaltung des Unabhängigen Landeszentrums als außergerichtliche Streitschlichtungsstelle gewesen ist und wie wichtig dies auch in zukünftigen Fällen noch sein kann: Eine von Scientology inzwischen anhängig gemachte Klage vor dem Verwaltungsgericht Schleswig ist jetzt gegenstandslos geworden. Es konnten also durch unsere Vermittlungstätigkeit ein umfangreiches gerichtliches Verfahren und ein damit verbundenes Kostenrisiko für die öffentliche Hand vermieden werden.

Aber auch weitere Eingaben beschäftigten das ULD in den gut eineinhalb Jahren seit In - Kraft - Treten des Gesetzes. Da ging es beispielsweise um Einsichtsgesuche in Bauakten, um Einsichtnahme in die Ausschreibungsunterlagen eines kommunalen Schulneubaues, Auskünfte, von welcher Qualität das Trinkwasser in einer schleswig-holsteinischen Gemeinde ist, Einsichtnahme in den Entwurf eines Landschaftsplanes, Einsichtnahme in den Erschließungsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem kommunalen Wohnungsbauunternehmen, um Auskünfte aus einer Steuerakte oder über ordnungsbehördliche Maßnahmen in einer Tierschutzangelegenheit. Diese Aufzählung ließe sich noch beliebig fortsetzen. Sie können anhand dieser wenigen Beispiele erkennen, dass die Informationszugangsbegehren aus nahezu allen Bereichen stammen. In der ganz überwiegenden Anzahl waren die Einsichtsbegehren gut nachvollziehbar. Gewisse Schwerpunkte haben sich bislang im Baurecht und - insbesondere in jüngster Zeit - im Ausschreibungs- und Vergaberecht herausgebildet. Zumeist handelt es sich bei den Antragstellern um Bürger und Bürgerinnen. Aber auch Gemeindevertreter, Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes oder private Firmen - vornehmlich Wettbewerbsunternehmen - haben schon entsprechende Anträge auf Informationszugang gestellt. Auffallend ist die Zurückhaltung der Presse. Dies ist deshalb interessant, weil das Informationsfreiheitsgesetz mehr an Zugang gewährt, als durch den presserechtlichen Auskunftsanspruch garantiert ist. Auch wenn letztlich in einer Reihe von Fällen kein Anspruch auf Informationszugang bestand, relativiert sich dies wiederum dadurch, dass die Gründe häufiger in der Nichtanwendbarkeit des Gesetzes - etwa deshalb, weil die angegangene öffentliche Stelle keine Behörde im Sinne des Landesrechts war - oder in dem Nichtvorhandensein der begehrten Informationen bei der Behörde lagen. In der Mehrheit der Fälle konnte ein Informationszugang erreicht werden bzw. entsprechend zwischen dem Informationssuchenden und der Verwaltung vermittelt werden. Viele Fälle lassen sich dadurch auf die richtige Schiene bringen, dass zunächst das Informationsinteresse des Antragstellers ermittelt wird. Häufig ist es dann gar nicht mehr so schwer, beide Seiten, d. h. Bürger und Verwaltung, in Einklang zu bringen. Dem Informationssuchenden geht es oft gar nicht darum, personenbezogene Informationen zu erhalten. Dann kann die Information z. B. durch Anonymisierung, also durch Schwärzung oder Heraustrennung bestimmter Akteneile, gegeben werden. In diese erste Bilanz muss aus meiner Sicht auch einbezogen werden, dass der mit dem In - Kraft - Treten des Gesetzes befürchtete Ansturm auf die Rathäuser ausgeblieben ist. Die bisherige Praxis mit dem Informationsfreiheitsgesetz hat gezeigt, dass die Mehrzahl der gestellten Anträge gut von den Verwaltungen bewältigt werden konnte. Obwohl das Informationsfreiheitsgesetz - das werden wir gleich noch sehen - jedermann, d. h. gleich, wo der Betreffende wohnt oder welcher Nationalität er ist - grundsätzlich ein Zugangsrecht gibt, ist die Tendenz zu beobachten, dass die Antragsteller sich häufig - quasi im Vorwege einer möglichen Betroffenheit - informieren möchten. Da geht es beispielsweise darum, sich rechtzeitig über den Stand eines in der unmittelbaren Nachbarschaft angesiedelten Planungsvorhabens zu informieren. Oder der Bürger will schon einmal Einblick in den kommunalen Erschließungsvertrag nehmen, um abschätzen zu können, wie hoch später sein Erschließungsbeitrag sein wird. Oder - um ein drittes Beispiel zu nennen - ein Wettbewerbsunternehmen möchte wissen, warum ein öffentlicher Auftrag an ein Konkurrenzunternehmen vergeben worden ist. Diese Fälle zeigen aber auch folgendes: Oftmals sind die Einsichtsgesuche eher unspektakulärer Natur.

Indes ist die Kernaussage des Gesetzes vor dem Hintergrund der Neuerung für das deutsche Recht schon spektakulär, weil es mit dem Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit bricht.

Aus den Vorschriften der §§ 4 und 1 folgt, dass jedermann freien Zugang zu behördlichen Entscheidungssammlungen hat.

Die Besonderheit hierbei ist, dass der Nachweis eines rechtlichen, berechtigten oder sonstigen Interesses grundsätzlich nicht erforderlich ist. Außer der formalen Antragstellung sind also keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen.
Adressaten eines derartigen Antrages sind in erster Linie Behörden des Landes und der Kommunen. Dies kann z. B. das Meldeamt oder die Kreisgesundheitsbehörde sein. An diese hier nur exemplarisch aufgezählten öffentlichen Stellen kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger, aber auch der eingetragene Verein, eine GmbH oder eine organisatorisch hinreichend verfestigte Bürgerinitiative wenden, um Zugang zu behördlichen Unterlagen zu beantragen. Dies gilt übrigens auch für den Fall, dass die Behörde Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaft ausführt.

Bei fast der Hälfte der Anträge in Schleswig-Holstein, die an das Unabhängige Landeszentrum im Rahmen von Eingaben herangetragen worden sind, handelt es sich um Anfragen an die kommunale Ebene. In Berlin wären dies die Bezirksämter. Daran zeigt sich wiederum, dass das Informationsbedürfnis zumeist durch direkte Betroffenheit der Bürger ausgelöst wird.

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des IFG sind der Landtag im Rahmen seiner Gesetzgebungstätigkeit, die Gerichte und Justizbehörden sowie der Landesrechnungshof, soweit diese Stellen in ihrer unabhängigen Funktion tätig werden. Im Bereich der Gerichte gilt dies z. B. für die rechtsprechende Tätigkeit. An dieser Stelle wird noch einmal besonders deutlich, dass das Gesetz in die öffentliche Verwaltung eine größere Transparenz bringen will. Im Bereich der Gerichte und der Justizbehörden bestehen hingegen besondere Verfahrensregelungen, die mit dem im IFG aufgestellten Grundsatz der unbeschränkten Aktenöffentlichkeit nicht zu vereinbaren wären.

Was muss von der Verwaltung offengelegt werden? Der Gesetzgeber spricht hier

von dem Merkmal der vorhandenen Informationen.

Der Begriff der Information ist vom Gesetzgeber bewusst weit gefasst worden, um für künftige technologische Entwicklungen offen zu sein. Hierunter können z. B. fallen: Texte, aber auch Zeichnungen, Karten und Pläne, Bilder, Filme und Tonbandaufzeichnungen. Es kommt auch nicht darauf an, ob diese Informationen in Akten enthalten sind. Als Informationsträger kommen also auch elektronische Medien oder Zelluloid in Betracht.

Das Merkmal des Vorhandenseins zielt darauf ab, ob die nachgefragten Informationen Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen der Behörde sind. Die Behörde hat also nur das zugänglich zu machen, was bei ihr auch dauerhaft vorhanden ist, und zwar unabhängig davon, ob sie in der Sache zuständig ist.

Hieraus ergibt sich, dass die Behörde grundsätzlich weder zur Beschaffung von Informationen noch zur Rekonstruktion von bestimmten Dokumenten verpflichtet ist.

Legt die Behörde im Zuge einer Dokumentation Datensammlungen an und sondert die in den einzelnen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse von vornherein aus, kann ein Informationssuchender nicht verlangen, dass die Dokumente für ihn "rekonstruiert" und die ausgesonderten Informationen wiederbeschafft werden.

Mit der Beschränkung auf die vorhandenen Informationen ist zugleich ausgesagt, dass die Behörde keine Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit der Information zu übernehmen hat.

Bevor ich zu den Gründen gelange, die einen Informationszugang ausnahmsweise ausschließen oder ihn beschränken können, möchte ich nun kurz das Verfahren darstellen.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass außer der Antragstellung keine weiteren Voraussetzungen für den Informationszugang erforderlich sind. In dem Antrag sind die begehrten Informationen zu bezeichnen. Sollte dies einmal nicht möglich sein, hat die angegangene Behörde den Informationssuchenden zu beraten. Hier empfiehlt sich auf beiden Seiten eine kooperative Herangehensweise, um das jeweilige Informationsinteresse zu ermitteln.

Soweit die Behörde die begehrten Informationen zugänglich machen will, hat dies unverzüglich, spätestens aber binnen eines Monats zu geschehen. Entscheidet sie negativ, sind diese Fristen ebenfalls bindend. Handelt es sich der Menge oder des Inhalts nach um eine besonders umfangreiche Angelegenheit, kann diese Frist auf zwei Monate verlängert werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn Dritte von der Entscheidung betroffen sind und vorher beteiligt werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist, dass ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis eines betroffenen Unternehmers offenbart werden soll. Darauf komme ich später noch zu sprechen.

Wenn über den Antrag innerhalb der soeben genannten Fristen nicht entschieden wird, gilt dies nach dem Gesetz als Ablehnung.

Für die Bearbeitung des Antrages dürfen Gebühren und Auslagen erhoben werden. Zu beachten ist hierbei, dass zwischen dem Verwaltungsaufwand und dem wirtschaftlichen Wert oder sonstigen Nutzen der Information für den Antragsteller ein angemessenes Verhältnis bestehen muss. Wichtig ist, dass der Einzelne nicht von der Informationsnachfrage abgehalten wird. Bei der Kostenerhebung dürfen deshalb nicht die gesamten, auch mittelbaren durch die Zusammenstellung von Unterlagen entstandenen Kosten auf den einzelnen abgewälzt werden.


Soll Informationszugang gewährt werden, so bestimmt sich die Art und Weise grundsätzlich nach Wahl des Antragstellers. Er kann entscheiden, ob er z. B. in eine Akte Einsicht nehmen und sich dabei Notizen machen möchte oder ob ihm eine Auskunft seitens der Behörde genügt. Als dritte Möglichkeit kommt die Anforderung von Kopien in Betracht.

Der Anspruch auf Informationszugang kommt jedoch - dies habe ich bereits erwähnt - nicht ausnahmslos in Betracht. Ganz grob lassen sich die Ausschlussgründe in zwei Gruppen unterteilen. Zum einen sind dies öffentliche Belange, die einmal dem Auskunftsrecht entgegenstehen können, aber auch schützenswerte private Belange können den Informationszugang ausschließen. Als derartige öffentliche Belange kommen vor allem die Rechtsdurchsetzung und der behördliche Entscheidungsbildungsprozess in Betracht. Unter dem Begriff der entgegenstehenden privaten Belange fallen der Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses sowie entgegenstehende Datenschutzrechte Dritter.

Ein Beispiel für den Schutz öffentlicher Belange hatten Sie bereits anhand der Darstellung der Eingabe von Scientology kennengelernt. Dort ging es vor allem um den Schutz der Beziehungen zu anderen Ländern und zum Bund sowie um den Schutz der Eigenverantwortung der Landesregierung.

Aber auch, soweit die Verwaltung noch im Prozess der Vorbereitung einer Entscheidung ist, müssen derartige Entscheidungsentwürfe ebenso wie Vorentwürfe und Notizen, die nicht Aktenbestandteil werden, nicht zugänglich gemacht werden.

Dies gilt auch für Protokolle vertraulicher Beratungen.

Soweit die Verwaltung jedoch im Rahmen eines Verfahrens externe Stellungnahmen und Gutachten einholt, sind diese unabhängig vom Stand des Verfahrens zugänglich zu machen. Dies hat seinen Grund darin, dass bei derartigen Unterlagen deren inhaltliche Ergebnisse feststehen und von der Behörde nur noch zu bewerten sind.

Ein Beispiel hierfür sind Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange im Bauleitplanverfahren oder extern erstellte Verkehrszählungsgutachten.

Eine Interessengemeinschaft wollte sich im Zuge der Ausweisung eines Gewerbegebietes informieren und forderte beim Bürgermeister die Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange sowie ein Verkehrszählungsgutachten an, das ein Ingenieurbüro erstellt hatte. Der Bürgermeister bezog sich auf das laufende Bauleitplanverfahren und führte den Schutz des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses ins Feld. Wir haben hier festgestellt, dass die Unterlagen unabhängig vom Stand des Verfahrens zugänglich zu machen waren, weil dadurch der behördliche Entscheidungsprozeß nicht gefährdet war. Dies ist bislang der einzige Fall, in dem wir eine förmliche Beanstandung aussprechen mußten, weil sich der Bürgermeister von unseren Argumenten nicht überzeugen ließ.

Obwohl § 10 IFG-SH in der Praxis eine recht große Rolle spielt, und zwar insbesondere bei Fällen mit bauplanungsrechtlichem Bezug, waren die Voraussetzungen für ein Zurückhalten der begehrten Informationen bislang zumeist nicht erfüllt. Anders kann dies in den Fällen sein, in denen ein Antragsteller z. B. Einsicht in die Bauakte seines Nachbarn nehmen möchte oder - auch dieser Fall hat uns schon beschäftigt - ein Landwirt in Erfahrung bringen möchte, wer aus seinem Dorf einen Protestbrief gegen die geplante Erweiterung seiner Schweinemästerei unterschrieben hat. Hier kommt der Schutz personenbezogener Daten ins Spiel.

Bei personenbezogenen Daten - hier sind z. B. Name, Anschrift, Geschlecht, Alter oder Beruf - zu nennen, lautet der Grundsatz, dass kein Informationszugang erfolgen darf. Hiervon kennt das Gesetz jedoch Ausnahmen. In der Praxis von besonderer Relevanz ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Ziff. 4 IFG-SH, wonach ein Informationszugang dann erfolgen darf, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse nachvollziehbar darlegt, weil er etwa gegen den vom Ersuchen Betroffenen einen Anspruch verfolgt, der sich aus einer konkreten Rechtsbeziehung ergibt und keine überwiegenden schutzwürdigen Belange dieses Betroffenen entgegenstehen. Das kann etwa beim zuerst genannten Beispiel der Fall sein, wenn der Antragsteller darlegt, dass er sich gegen die seinem Nachbarn erteilte Baugenehmigung wenden will.

Im 2. Beispiel haben wir uns gegen eine Zugänglichmachung der Unterschriftenliste an den Landwirt ausgesprochen. Denn die Kenntnis der Namen war für das Baugenehmigungsverfahren ohne Belang. Der Landwirt mußte sich hier auf ein von den Anliegern möglicherweise angestrengtes Widerspruchsverfahren gegen die ihm erteilte Baugenehmigung verweisen lassen. In einem derartigen Verfahren kann er dann als Verfahrensbeteiligter Akteneinsicht erhalten und seine Rechtsposition ausreichend wahren.

Sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen, hindern diese hingegen nicht ohne weiteres den Informationszugang. Hier muss zusätzlich noch eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Betriebsinhabers und dem Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit stattfinden. Der Unternehmer ist dann aber wie derjenige, dessen personenbezogene Daten im Einzelfall offenbart werden sollen, vorher zu beteiligen.

In der letzten Zeit sind einige Eingaben von Unternehmern beim Unabhängigen Landeszentrum eingegangen, die wissen möchten, warum der öffentliche Auftrag an einen Konkurrenten vergeben worden ist. Ein bereits entschiedender Fall hat gezeigt, dass durchaus ein überwiegendes öffentliches Interesse daran bestehen kann zu erfahren, ob der Auftrag - hier ging es um einen kommunalen Schulneubau - unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vergeben und damit öffentliche Mittel sparsam verwendet worden waren.

In einem anderen Fall, in dem es um die Offenbarung von Planungsunterlagen eines Biomassekraftwerkes ging - hier waren zweifelsohne Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Spiel - war das Allgemeininteresse mangels Aktualität der Planunterlagen weitgehend bedeutungslos; der Informationszugang mußte auch aus unserer Sicht versagt bleiben.

Hinzuweisen ist noch auf die Möglichkeit, dass die Behörde auf Verlangen des Informationssuchenden versuchen muss, die betroffene Person um Zustimmung zur Freigabe der Information zu ersuchen, wenn anderenfalls der Informationszugang abgelehnt werden müsste.

Wichtig ist auch, dass die Tatsache, dass ein Verweigerungsgrund vorliegt, nicht automatisch dazu führt, dass der Informationszugang gänzlich zu versagen ist. Es hat dann vielmehr eine beschränkte Zugänglichmachung der Information, etwa durch Schwärzung von Name oder Anschrift oder Heraustrennung einzelner Aktenbestandteile, zu erfolgen.

Die Behörden sollen sich in ihrer Aktenführung sogar von vornherein darauf einstellen, dass die Trennung geheimhaltungsbedürftiger Informationen von Informationen, die zugänglich gemacht werden dürfen, so erfolgt, dass die Zugänglichmachung im Einzelfall problemlos möglich ist. Dies bereitet in der täglichen Behördenpraxis allerdings noch große Probleme.

Ich komme zum Schluss meiner Darstellung:

Bisher ist es gelungen, dem IFG-SH mit einer möglichst praxisorientierten Anwendung zur Geltung zu verhelfen. Es bleibt abzuwarten, ob in Zukunft vermehrt Anträge auf Informationszugang gestellt werden. Bisher ist jedenfalls in Schleswig-Holstein scheinbar eher zurückhaltend von der Informationsfreiheit Gebrauch gemacht worden. Es bleibt zu hoffen, dass, je mehr Bundesländer derartige Gesetze einführen und der Bund ebenfalls mitzieht - entsprechende Gesetzesvorhaben sind im Gange -, die Bürger ihr neues Recht selbstverständlich wahrnehmen und die Verwaltung den Informationszugang nicht als lästige Pflicht, sondern als einen Service begreift, der letztlich auch ihr zugute kommt.

Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


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